Der Zustand unseres Koffers war bedenklich und bedauernswert!
Die Instandsetzung:
Scharniere waren ausgerissen, Nieten und Ziernägel verrostet und zerfallen, das Segeltuch verfault und mit Farbe verkleckst, Schloss und Beschläge angelaufen, die Metallbänder waren ver- und durchgerostet, die Lederhenkel versprödet und von der früheren Innenausstattung war nur noch etwas zu erahnen (kaputte Führungsleisten und Tapetenreste).
Ich begann mit der äußeren Reinigung.
Mit leichter Seifenlauge und Schwamm habe ich die Außenflächen abgeseift.
Dabei stellte ich fest, dass (durch frühere Feuchtigkeitseinflüsse) die bereits schwarz verfärbten Segeltuchflächen so stark zersetzt waren, dass sich am Deckel 2 Felder auflösten. Auch im Scharnierbereich an Deckel und Kiste muss der Bezugsstoff ersetzt werden.
Dazu mussten die mit vielen kleinen Nägeln angebrachten Metallbänder gelöst werden, um eine möglichst durchgehende Fläche für einen neuen Bezugstoff zu erhalten. Später musste ich auch noch den kompletten Kistenboden von der Segeltuchhaut befreien…
Nach erfolgter Reinigung führte mich Schritt zwei zur „Grundbearbeitung“ sämtlicher eisenhaltigen Metallteile.
So habe ich diese Elemente mit einem „Rostumwandler“ bestrichen. Schon allein dadurch erhielt die Truhe eine deutliche und bemerkenswerte, optische Aufwertung! Es folgten erste Reinigungsversuche an den vermessingten Beschlägen und die von mir ausgesuchte Grundfarbgebung der Gewebeflächen.
Hauptproblem bestand nun darin, vergleichsweise originale oder zumindest ähnliche Ersatzteile und Stoffe zu besorgen!
Da es sich bei der Aufarbeitung dieser Antiquität, auch für mich um eine Premiere handelte, gestaltete sich die Recherche als schwierig. Für einige Materialien hatte ich sofort eine Idee im Kopf, manche Dinge fand ich durch Zufall und bei anderen Teilen bestand die Schwierigkeit darin, dass ich erst „Step by Step“ auf weitere Schäden und Problemchen gestoßen bin und entsprechend, durch neue Recherchen, auch zu neuen Ideen und Materialien gefunden habe…
Für den Scharnierbereich schien mir zu diesem Zeitpunkt ein robustes Jutegewebe, eingebettet in Kunststoffgewebekleber die beste Wahl. Im Original war hier das Gewebe über 2 flache Möbelscharniere (eventuell bei einer früheren Reparatur ausgetauscht?) hinweggespannt. Damit waren Deckel und Kiste zusätzlich durch das Gewebe miteinander verbunden.
Für die weitere Bearbeitung schien mir dies hinderlich und so entschloss ich mich für die getrennte Bearbeitung von Deckel und Kiste. Auch hatte ich (für mich) bereits eine, etwas „passender“ aussehende, sichtbar bleibende Scharniervariante im Sinn.
Da sich der Jutestoff zwar als sehr robust – aber doch als recht grob erwies, versuchte ich für die Flächen am Deckel und für den Kistenboden einen „feiner“ strukturierten Stoff zu finden. Fündig wurde ich in der Maritim-Abteilung eines Baumarktes.
Ursprünglich auf der Suche nach echtem Segeltuch, fand ich dort ein Reparaturset für Kunststoffbootskörper. Das dazu gehörende Glasfasergewebe gab es in verschiedenen Größen und war von der Struktur dem alten Segeltuch sehr ähnlich…
Dann habe ich die Holzleisten bis zum Grund mit feinem Schleifpapier abgeschliffen und die Farbklekse vorsichtig abgeschabt.
Von den über Fünfzig, ehemals mit einem feinen Messingüberzug hergestellten, Ziernägeln ließen sich leider keiner mehr „retten“! Vom Durchmesser her fand ich zwar einen Ersatz. Allerdings hatten die Originale nicht nur eine Zier- sondern auch eine Haltefunktion zu erfüllen! Da können die „neuen“ Ziernägel leider nicht mithalten!
Die Länge und Dicke der originalen Nagelstifte ging durch die Holzleisten und Metallbänder und hielten (auf der Innenseite „umgeschlagen“) die Einzelteile zusammen. Zwar konnte ich die Holzleisten ersatzweise angekleben, aber für die Stahleinfassung am Deckelrand musste ich eine andere Möglichkeit finden.
So musste ich, innerhalb der Nagelkopfkappen zusätzliche kleine Löcher bohren, die langen Nagelstifte einsetzen und rückseitig umgeschlagen. Erst danach konnten die neuen Nägel festgeklebt und eingesteckt werden.
Das in den Jahrzehnten aufgetretene Schwind- und Quellverhalten des Grundholzes hatte für einige „Falten“ in den Einfassbändern gesorgt. Da diese aber auch den Charme der Truhe ausmachten, verzichtete ich darauf, sämtliche Zierleisten und Bänder zu demontieren und zu richten.
Allzu stark abstehende Falten habe ich mit einem kleinen Hammer vorsichtig „angehämmert“ und nur komplett durchgerostete Bänderecken habe ich entfernt.
Ebenfalls als schwierig sollte sich die Materialfindung zu den durchgerosteten Blechbändern gestalten. Erst nach langer Suche habe ich Weißblechplatten gefunden, in Streifen geschnitten und an die Ecken angepasst. Die Befestigung erfolgte dann (nach Vorlage) in sehr engen Abständen mit winzigen Polsternägeln.
Schließlich ging es an die finale Farbgebung. Ziernägel, Lederriemen und Scharniere wurden montiert, Schloss und Beschläge poliert. Sogar ein Schlüssel wurde handgefertigt.
Dann konnte es an die Innenausstattung gehen.
Den Innenbereich habe ich mit weißer Farbe grundiert, nach Trocknung mit Polsterflies ausgekleidet und mit Dekostoff bespannt, Übergänge mit Holzleisten vernagelt und optische Feinheiten mit Kordelschnüren, Überschlagbändern und Spanngurten geschaffen.